Drei Fragen an Irene Schulz

schulzMit 369 Stimmen ist Irene Schulz von den Delegierten des 6. Außerordentlichen Gewerkschaftstages zum Geschäftsführenden Vorstandsmitglied der IG Metall gewählt worden. Die zweifache Mutter und Diplom-Politologin kümmerte sich zuvor im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen um IT-Betriebe und war Teil des Siemens-Teams der IG Metall. Wir sprachen mit Irene Schulz darüber, was sie sich für die kommenden zwei Jahre vorgenommen hat und welche Themen sie auf der Agenda der IG Metall ganz vorne sieht.

Liebe Irene, herzlichen Glückwunsch zur Wahl. Was hat Dich als Gewerkschafterin in den vergangenen Monaten besonders bewegt?
Schulz: Besonders bewegt und berührt hat mich im Sommer der Erfolg, den wir in Leipzig im Schaltanlagenbau von Siemens erreicht haben. Im Rahmen des Kosteneffizienzprogramm 2014, mit dem mehr als sechs Milliarden Euro in nur zwei Jahren eingespart werden sollen, hat die Firmenseite auch die Verlagerung der Leipziger Produktion nach Portugal verkündet und damit war der gesamte Standort perspektivisch gefährdet. Nur 91 von 450 Arbeitsplätzen sollten bleiben.
Wir alle wissen, wie schwer es ist, einen verkündeten Beschluss des Arbeitgebers zurück zu drehen. In Leipzig ist das gelungen. Die Belegschaft hat sich gewehrt, der Betriebsrat hat ein Alternativkonzept entwickelt und die IG Metall Leipzig hat eine hervorragende Öffentlichkeitsarbeit in der Region gemacht und die Belegschaft organisiert. Ich habe in meiner Funktion im Siemens-Team und Bezirksleitung den Prozess mit begleitet, die nötigen Kontakte hergestellt und die Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat unterstützt. Die Erfolgsfaktoren waren: Eine gut organisierte Belegschaft, ein hervorragend aufgestellter Betriebsrat mit guten Alternativkonzepten und eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen örtlichem Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und IG Metall. Das ist ein sehr ermutigendes Beispiel dafür, dass Widerstand und Geschlossenheit sich lohnt.

Was hast Du Dir für Deine Amtszeit als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied vorgenommen?
Ich habe mir vorgenommen, unsere Beschlüsse, Schwerpunkte, Inhalte und Forderungen möglichst wirksam nach außen zu vertreten und mit daran zu arbeiten, dass wir weiter an Einfluss gewinnen, wenn es um unsere Schwerpunkte und die Interessen unserer Mitglieder und Beschäftigten geht. Dazu ist es nach meinem Selbstverständnis wichtig, vor Ort zu sein, mit unseren Mitgliedern, Delegierten, Betriebsräten, Vertrauensleuten, Bevollmächtigten und Beschäftigten zu diskutieren, zu hören, was vor Ort Thema ist und Anregungen mit in den Vorstand beziehungsweise in meine Verantwortungsbereiche zu nehmen. Ich war ja in den letzten Wochen und Monaten viel unterwegs, war auf vielen Veranstaltungen und Delegiertenversammlungen eingeladen.
Ich bin immer wieder beeindruckt von unserer Vielfalt, von den vielen guten Projekten und erfolgreicher Verwaltungsstellenarbeit. Die Ausgansbedingungen in den Betrieben, Verwaltungsstellen und Bezirken sind sicher unterschiedlich. Aber wir können viel voneinander lernen. Hier sind wir ja schon viel weiter, als noch vor einigen Jahren. Ich halte es für wichtig und werde dazu beitragen, dass wir diesen Weg des Austausches und der Vernetzung fortsetzen.

Um welche Themen sollte sich die IG Metall Deiner Meinung nach in den nächsten Jahren vorrangig kümmern?
Wir sind als IG Metall in den Betrieben gut unterwegs. Unsere Metallerinnen und Metaller in den Betrieben erfahren eine große Anerkennung und Zustimmung für ihre Arbeit und ihr Engagement. Unsere Beschäftigtenbefragung signalisiert eine große Zustimmung zu unseren Schwerpunkthemen. Das fällt nicht vom Himmel, dahinter steht eine sehr engagierte und überzeugende Arbeit der Metallerinnen und Metaller in den Betrieben, in den Verwaltungsstellen, den Bezirken und dem Vorstand. Wir sind nah dran an den Themen in den Betrieben, setzen stärker auf Beteiligung unserer Mitglieder und wir konzentrieren uns auf wesentlichen Schwerpunkte und stimmen uns eng ab – trotz sehr unterschiedlicher Ausgangsbedingungen in den Unternehmen, Verwaltungsstellen und Bezirken. Der Mitgliederzuwachs zeigt, dass die Beschäftigten das anerkennen und sehr wohl den Zusammenhang zwischen guten Beschäftigungsbedingungen und starker IG Metall im Betrieb aufmachen.

Gleichzeitig stehen wir vor großen Herausforderungen: Beispielsweise die Sicherung der Sozialsysteme, flexible Übergänge in die Rente, mehr Mitbestimmung bei Werkverträgen, der zunehmende Leistungsdruck und die demographische Entwicklung, Technologiewandel und die Flexibilitätsanforderungen in den Betrieben auf der einen Seite und Wünsche und Grenzen der Beschäftigten auf der anderen Seite sowie die Angleichung Ost. Hier gute Lösungsansätze im Sinne von guter Arbeit und einem guten Leben zu entwickeln und diese vor allem auch durchzusetzen, das ist und bleibt unsere zentrale Aufgabe.

Kurz-Biografie Irene Schulz / Short Biography Irene Schulz (english)